Was ist das?
Das Kahnbein (OS scaphoideum) gehört zu den Handwurzelknochen und verbindet die Speiche mit dem Daumenstrahl. Dieser Knochen hat eine zentrale Funktion in der Biomechanik des Handgelenkes. Aufgrund dessen wirken bei einem Sturz auf die Hand ungewöhnlich hohe Kräfte auf das Kahnbein. Deshalb bricht das Kahnbein im Vergleich zu anderen Handwurzelknochen deutlich häufiger.
Wie kommt es dazu?
Der Kahnbeinbruch betrifft vorrangig den jungen Mann (im Alter zwischen 20 - 40 Jahren) und tritt typischerweise durch einen Sturz auf die ausgestreckte Hand auf. Die häufigsten Unfallursachen sind Stürze bei sportlichen Aktivitäten bzw. Stürze aus größerer Höhe.
Wie ist das Erscheinungsbild (Symptome)?
Charakteristisch sind Schwellung, Bewegungseinschränkung, Bluterguss und belastungsabhängige Schmerzen im Bereich des Handgelenkes. Die Symptome können allerdings schwach ausgeprägt sein, sodass häufig kein Arztbesuch erfolgt und der Kahnbeinbruch nicht festgestellt wird. Bei Nichtbehandlung besteht die Gefahr, dass der unerkannte Bruch nicht heilt und sich dann ein sogenanntes Falschgelenk (Pseudarthrose) ausbilden kann. Langfristig führt dies zu einer gestörten Handgelenkmechanik und nachfolgend zu einem frühzeitigen Gelenkverschleiß (Arthrose).
Wie ist die Prognose?
Bei sofortigem Beginn einer richtigen Behandlung des Kahnbeinbruches, können in der Regel gute Ergebnisse erzielt werden. Je nach Bruchlokalisation ist die Durchblutung des Kahnbeines gefährdet. Körperferne Brüche haben eine gute Heilungstendenz, während körpernahe Frakturen aufgrund der schlechten Durchblutungsverhältnisse prinzipiell schlecht heilen. Abhängig von verschiedenen Bruchformen muss eventuell mit einer gewissen Bewegungseinschränkung des Handgelenkes gerechnet werden.
Wie wird der Kahnbeinbruch festgestellt?
Die Diagnose eines Kahnbeinbruches erfordert eine sorgfältige klinische Untersuchung und Röntgenaufnahmen. Allerdings kann durch Röntgenaufnahmen aus unterschiedlichen Richtungen nicht immer sicher ein Kahnbeinbruch ausgeschlossen werden. Die Diagnose unverschobener Brüche ist häufig erst im Verlauf möglich. Besteht nach einer Röntgenuntersuchung noch immer der Verdacht auf einen Kahnbeinbruch, sollte ein spezieller Unterarmgipsverband mit Einschluss des Handgelenkes und des Daumenstahls angelegt werden. Zur weiteren Diagnostik sollten dann frühzeitig zusätzliche bildgebende Verfahren zur Anwendung kommen. Hier empfiehlt sich vorzugsweise die Computertomographie (CT) und in Ausnahmefällen die Magnetresonanztomographie (MRT). Häufig werden erst in der CT Verschiebungen und Trümmerzonen der Bruchstücke erkannt.
Welche Behandlungsoptionen gibt es?
Ziel der Behandlung ist die Ausheilung des Kahnbeinbruches, um Spätfolgen einer ausbleibenden Knochenheilung zu verhindern.
Nicht-Operative Behandlung
Eine stabile Bruchform (Brüche ohne Verschiebungen der Bruchstücke) kann in einem speziellen Unterarmgipsverband mit Einschluss des Handgelenkes und des Daumenstahls behandelt werden. Die Gipsbehandlung dauert wegen der schlechten Knochenheilung bis zu 12 Wochen. Zum Ausschluss von Verschiebungen der Bruchstücke sollte eine Computertomographie angefertigt werden.
Operation
Wünscht der Patient aus privaten bzw. arbeitstechnischen Gründen eine kürzere Gipsruhigstellung, kann auch der stabile Kahnbeinbruch operiert werden. Durch einen ca. 0,5 cm langen Hautschnitt (minimalinvasive Technik) über dem körperfernen Kahnbeinpol wird der Bruch unter Einbringung einer Titanschraube stabilisiert. Eine Gipsruhigstellung ist dann in der Regel nur mehr für 3 Wochen nötig. Das Handgelenk sollte bei diesem Verfahren trotzdem bis zu 6 Wochen geschont werden.
Werden in der Computertomographie eine instabile Bruchform, Brüche mit Trümmerzonen oder Brüche im körpernahen Drittel des Kahnbeins festgestellt, sollten diese aufgrund der hohen Rate einer ausbleibenden Knochenheilung operativ stabilisiert werden. Hierbei ist eine offene Operation notwendig. Die Bruchenden werden unter Sicht eingepasst und mit einer Titanschraube, die in das Kahnbein vollständig versenkt werden kann, stabilisiert. Für eine bessere Heilung muss in seltenen Fällen zusätzliches Knochenmaterial z. B. aus der Speiche oder aus dem Beckenkamm in den Bruchspalt eingebracht werden. In diesen Fällen ist eine Gipsruhigstellung für bis zu 6 Wochen vorgesehen. Die Entfernung der Schraube ist nur in Ausnahmefällen nötig. Neben regelmäßigen Kontrollen der Wund- und Hautverhältnisse sind zur Überwachung der Bruchheilung Röntgenkontrollen anzufertigen.
Nachbehandlung
Postoperativ sollte der Arm so oft wie möglich hochgelagert werden. Die nicht ruhiggestellten Finger sollten bewegt werden. Eine Schwellung am Handgelenk ist nach dieser Operation normal, diese verschwindet jedoch in den ersten 5 - 7 Tagen. Die Dauer der Ruhigstellung richtet sich dabei nach den speziellen Gegebenheiten des Einzelfalles und kann zwischen 10 Tagen bis 6 Wochen betragen. Zur Verbesserung des Bewegungsausmaßes wird eine Ergotherapie empfohlen. Eine Belastung der betroffenen Hand, schweres Heben und Tragen sowie Abstützen soll jedoch in den ersten 3 Monaten nach der Operation nur schmerzabhängig erfolgen. Insgesamt ist mit einer Nachbehandlungszeit von 3 - 6 Monaten zu rechnen.